Fabian Piekert - Konzerte mit Klasse
Festival im Park
Nach zwei Jahren Pause findet in diesem Jahr vom 9. bis zum 19. Juni zum zweiten Mal das Festival im Stadtpark von Salzgitter-Lebenstedt statt. In einem eigens errichten Zirkuszelt können bis zu 600 Zuschauer ein abwechslungsreiches Programm erleben. Zusätzlich gibt es einen kleinen Biergarten in dem bis zu 100 Gäste Platz finden und der allen Besuchern am Wochenende offen steht. Veranstalter ist die Konzertagentur Piekert. Vielleicht waren einige von euch schon dabei, oder haben - wie wir - bereits eines der vielen anderen Konzerte besucht, die von Fabian Piekert und seiner Agentur veranstaltet werden. Wir haben uns gefragt, was wohl hinter den Kulissen passiert und wie viel Arbeit es macht, Konzerte zu organisieren. Darüber haben wir heute mit dem Geschäftsführer Fabian Piekert gesprochen.
Geschäftsführer Fabian Piekert
Fabian Piekert ist 43 Jahre alt, in Braunschweig geboren und lebt heute mit seiner Frau in Salzgitter. Hier befindet sich auch der Sitz der Konzertagentur Piekert. Bereits seit 10 Jahren im Geschäft arbeitet die Agentur seit 2017 als Konzertveranstalter und betreibt Künstler- und Tourneemanagement, Eventmanagement, Event-Marketing und Künstlerbooking. Auf die Frage, warum man im Netz so wenig über ihn erfährt, sagt er: „Ich stehe nicht gern im Rampenlicht, das überlasse ich lieber den Künstlern und organisiere, dass sie an diese Position kommen.“
Was gehört zu den Aufgaben einer Konzertagentur?
Angefangen habe ich ursprünglich als reiner Dienstleister, also Vermittler von Künstlern für Konzerte. Das mache ich heute nur noch für Kunden, mit denen ich schon länger zusammen arbeite. Seit dem Jahr 2017 arbeite ich als Konzertveranstalter. Das bedeutet, alle Entscheidungen zu treffen und das gesamte wirtschaftlich Risiko zu tragen. Zu den Aufgaben einer Konzertagentur gehört das Einkaufen der Künstler, Anmietung von Hallen, Dienstleister für Veranstaltungstechnik buchen, Werbung machen, Tickets verkaufen, Catering bestellen, Hotelzimmer buchen sowie das Personal vor Ort für Abendkasse und Einlass.
Die meiste Arbeit passiert im Büro. Der eine Tag, an dem die Veranstaltung stattfindet, der kann dann schon mal stressig werden. Wenn aber keine kleineren Katastrophen passieren, die dann zu Problemen führen, ist aus Routine bereits absehbar was zu tun ist. Die Tage, Wochen, manchmal Jahre im Voraus, die man an den Veranstaltungen arbeitet, das sind die Herausforderungen.
Wollten sie das schon immer machen, oder wie sind sie dazu gekommen?
Nein. Ich bin selbst großer Musikfan, spiele auch Gitarre und bin früher selbst sehr viel auf Konzerten und Festivals gewesen. Allerdings hatte ich mir nie vorgestellt, in der Branche diesen Job auszuführen. Da bin ich mehr oder weniger reingerutscht. Mit Künstlervermittlung und Bandbooking ging es los. Ich hatte dann an der Ostfalia Hochschule in Salzgitter „Stadt- und Regionalmanagement“ studiert und habe mich da auf „Kultur- und Veranstaltungsmanagement“ spezialisiert. Dann kam der Rest von ganz allein. Der Einstieg war wirklich ein Zufall, im Nebenjob für eine befreundete Band, dann hat es mich immer tiefer reingezogen
Stemmen sie das alles allein, oder wie viele helfende Hände haben sie?
Bis 2021 habe ich alles allein gemacht. Das war extrem anstrengend für mich und auch für meine Familie. Seit dem letzten Jahr haben wir sukzessive aufgestockt und inzwischen sind wir zu sechst. Drei Organisationstalente die die Veranstaltungsplanung machen, einen Azubi für den Veranstaltungskaufmann und zwei Mitarbeiter für die Veranstaltungstechnik (Tontechniker, Lichttechniker, welche die Planung machen und auch die Veranstaltung vor Ort bereuen.). Dazu noch eine handvoll Minijobber, die die Personaldecke abrunden.
Wieviel Veranstaltungen machen sie im Jahr?
Nach 2-jähriger Pause sind wir jetzt wieder auf Kurs. So 100 – 120 Veranstaltungen pro Jahr, das wird sich noch steigern, wobei das die Gesamtzahl ist. Neu kommt jetzt dazu, dass wir auch Dienstleister für Veranstaltungstechnik sind, d.h. das z.B. Städte oder auch Firmen uns buchen, mit Bühne, mit Licht, mit Tontechnik, und wir diese Veranstaltung vor Ort nur technisch betreuen.
Betrifft das nur Braunschweig und Salzgitter, oder auch andere Städte?
Ein Großteil der Veranstaltungen findet außerhalb der Region statt. In Braunschweig, Salzgitter und Hildesheim, also in unserer örtlichen Region, sind es ca. 30 Veranstaltungen. Dazu kommen noch 10 Events beim Festival im Park. Den Großteil unseres Geschäfts machen die Tourneeveranstaltungen aus, d.h. mit einem Künstler in 20-30 Städten in Deutschland aufzutreten. Das dann mit mehreren Projekten, dadurch werden das so viele. Vor Ort sind wir gar nicht so oft.
Suchen sie die Künstler für ihr Programm, oder bewerben sich die Künstler bei ihnen?
In der Branche ist es so, dass entweder der Konzertveranstalter den Künstler sucht oder eine Bookingagentur oder ein Tourneeveranstalter einen örtlichen Partner sucht, der das macht. Die Bands, die das selbst machen, sind meistens kleinere noch nicht so bekannte Bands. Meistens sind es professionelle Kontakte in die Branche mit dem Netzwerk, das man von einer Agentur angesprochen wird, so wie ich das früher gemacht habe: „Hey möchtest du nicht Künstler xy bei euch in der Stadt machen?“ „Ja gerne, schick mir mal Infos rüber“.
Wenn man selber auf die Suche nach Talenten geht, dann schaue ich mich meist einige Monate um. Als Beispiel: Wenn ich mein Festival besetzen möchte, muss ich schauen welche Künstler sowohl finanziell als auch zur Veranstaltungsgröße passen. Ein Künstler der mehr Zuschauer zieht, wird schwer davon zu überzeugen sein, vor 600 Leuten aufzutreten, es kann aber auch kein Künstler sein, der nur 200 Gäste zieht, damit finanziere ich die Show dann nicht. Das ist die Herausforderung. Aber meistens geht die Auswahl vom Veranstalter selbst aus.
Wonach wählen sie die Künstler aus?
Nach persönlichem Geschmack und / oder nach Zuschauerzahlen. Um davon zu leben, muss man schon gucken, das man jemanden bucht, der dann die Halle auch vollmacht. Dementsprechend ist dann aber der Marktwert des Künstlers, so dass das System in sich funktioniert.
Gibt es Bands, die man immer wieder versucht zu bekommen?
Auf jeden Fall. Einfach die, mit denen die Arbeit Spaß macht, weil man gut mit den Menschen dahinter zusammenarbeitet. Egal ob das die Musiker selbst sind, die Agentur oder das Management. Oder weil es Künstler sind, die nachhaltig konstant Leute ziehen. Also nicht nur weil man die Menschen mag, sondern auch weil es wirtschaftlich erfolgreich ist. Manchmal muss man Künstler auch erst aufbauen. Wo noch nicht die entsprechenden Zuschauerzahlen da sind, muss man die Veranstaltung in den jeweiligen Städten 2-3-mal machen, damit die Zuschauer generiert werden.
Für welches Publikum sind die Veranstaltungen?
Das ist sehr unterschiedlich. Langfristig versuchen wir uns so aufzustellen, das für jeden etwas dabei ist. Aber da wir viel Rockmusik machen richtet es sich auf Zuschauer, die auf Rockmusik stehen, also eine Stammzielgruppe der 30-60-Jährigen. Ein paar Kindermusicals wie Bibi Blocksberg und meine Freundin Conni, haben wir dabei, da ist die Zielgruppe Grundschule. Dazwischen sind wir im Moment noch ein bisschen dünn aufgestellt.
Sind sie bei den Veranstaltungen vor Ort?
Nicht mehr. Eine Regel gibt es da allerdings nicht. Das hängt auch immer vom Dienstplan ab, wer ist wie verfügbar, wer ist auf Tournee unterwegs, wie viel Arbeit steht im Büro an. Schätzungsweise bin ich bei den örtlichen Veranstaltungen bei der Hälfte vor Ort. Es ist auch für mich ein komisches Gefühl, weil ich bis vor einem Jahr bei jeder Veranstaltung immer dabei war, außer ich bin mal wegen Krankheit ausgefallen. Dann musste ich immer händeringend einen Ersatz finden. Es fühlt sich jetzt immer noch komisch an, abends zu Hause zu sitzen während in irgendeiner Stadt eine Veranstaltung von mir läuft. Gerade wenn man damals alles von A-Z persönlich und vor Ort begleitet hat.
Macht es einen Unterschied in der Planung ob man Konzerte oder Festivals veranstaltet?
Konzerte sind sehr einfach. Wenn man z.B. eine Halle nimmt, wie das Westand, geht es nur darum einen Termin zu finden, also Halle und Künstler, das ist sehr einfach in der Planung. Es sind meist nur ein paar Kleinigkeiten, die der Künstler braucht oder die man der Halle schicken muss. Festivals hingegen (z.Zt. nur das Festival im Park) sind eine ganz andere Nummer. Man muss sich über jede Kleinigkeit Gedanken machen: Wo stehen die Toiletten, woher kommt das Wasser dafür, wo geht es hin, wo kommt der Strom her, wo steht der Gastrowagen, haben wir einen Kühlschrank, wo kommt hier der Strom her, und viele andere wichtige Kleinigkeiten. Das ist noch mal doppelt so viel Arbeit und jedes Mal eine große Herausforderung. Darum macht es Sinn so etwas für längere Zeiträume zu planen. Ein Festival zu planen ist also wesentlich umfangreicher als ein einzelnes Konzert in einer gut situierten Halle.
Nun die Frage aller Fragen, wie haben sie die Corona Zeit überstanden?
Eigentlich ganz gut. Wir hatten zwar gerade im ersten Corona-Jahr zwischen März 2020 und Mai 2021 nicht viel zu tun. Da war wirklich gar nichts. Ich hab zwischendurch darüber nachgedacht, ob man z. B. ein Autokinokonzert oder ähnliches macht, aber es gab zu der Zeit keine wirklich gute Unterstützung. So hat sich das wirtschaftlich von Anfang an vermutlich bei keinem gerechnet. Es war mehr so der Wunsch, überhaupt irgendetwas zu machen. Wir haben da komplett stillgehalten und Kräfte gesammelt, für den Sturm, der jetzt bald startet. Es ist schon krass, wie sich diese Branche innerhalb von 2 Jahren verändert hat, was die Menschen angeht, die in dieser Branche sind. Ganz viele Dienstleister sind abgewandert, auch Servicekräfte, man muss jetzt sehr viel improvisieren und viel mehr Arbeitszeit investieren, um das alles abzudecken. Und alles muss jetzt sehr schnell passieren, weil es lange Zeit nicht absehbar war, wann es wieder startet. Die Planungen für das Festival im Park laufen jetzt effektiv seit März. Erst hat alles sehr lange gedauert, die Aussagen waren noch schwammig, können wir es machen oder nicht, bekommen wir die Rasenfläche, was passiert wegen der Inzidenzen, sind Veranstaltungen überhaupt erlaubt. 2 Sommer war alles untersagt. Das hat halt alles sehr lange gedauert, dementsprechend muss jetzt alles sehr schnell gehen, Sponsoring, Marketing, Ticketing usw. Die finanziellen Einbußen waren natürlich krass, von jetzt auf gleich ein gut laufendes Unternehmen auf null runterzuziehen, das ist schon schwierig. Aber zum Glück gab es ja für viele Branchen gute Instrumente vom Staat, um diese finanziell zu unterstützen. Leider haben die Hilfen nicht alle erreicht, gerade kleine Unternehmen hatten mit den Antragsformularen ihre Schwierigkeiten.
Gibt es Schwierigkeiten die Nachholtermine und die neuen Termine zu koordinieren?
Das größte Problem ist gerade, das die ganzen Hallen in den nächsten 1-2 Jahren rappelvoll sind, weil so viele Veranstaltungen verlegt wurden. Wir haben Gott sei Dank sehr früh angefangen uns Termine zu sichern, also schon letztes Jahr, so stehen wir gerade ganz gut da. Aber wie ich schon vorhin sagte, jetzt geht plötzlich alles wieder los, Veranstaltungen finden statt, so dass man zu den Tagen im Büro auch noch die Veranstaltungen betreut und damit eben sehr viel übereinander liegt. Unser Geschäft läuft größtenteils von Herbst bis Frühling, da laufen die Tourneen. Der Sommer ist immer ein bisschen ruhiger. Es gibt zwar auch hier einzelne Veranstaltungen, aber es tut uns allen gut, in der Zeit auch wieder Überstunden abzubauen und neue Kraft zu tanken.
Gibt es Highlights für 2022?
Auf jeden Fall. Highlights für mich persönlich sind zwei Veranstaltungen in Hildesheim und in Braunschweig mit dem Schauspieler Ben Becker und seinem Programm „Ich Judas“. Im Sommer, im Festival im Park, gibt es die Jazzkantine von denen ich ein großer Fan bin. Für das nächste Jahr freue ich mich auf Matze Knop und Markus Krebs, die das erste Mal bei uns sind. Das sind auch für uns intern in der Agentur coole Highlights.
Erinnern sie sich an ein ganz besonderes oder außergewöhnliches Erlebnis?
Oft entsteht so etwas aus der Situation heraus. Wir hatten in der letzten Woche eine Veranstaltung mit dem Schauspieler Sky Du Mont. Ich bin in einem Alter, in dem man ihn hauptsächlich aus dem Film „Der Schuh des Manitu“ kennt und gar nicht so sehr aus den Filmen, die er davor gemacht hat. Ihn jetzt zu treffen und kennen zu lernen war eine sehr schöne Erfahrung, weil er komplett anders ist als das öffentliche Bild von ihm. Er ist ein sehr wacher und freundlicher, lockerer Typ. Das hätte ich so gar nicht erwartet, das war ein sehr schönes Erlebnis.
Wenn sie sich etwas wünschen dürften, gibt es einen bestimmten Künstler, mit dem sie gern einmal zusammenarbeiten möchten?
Zögert.... gibt es bestimmt, fällt mit aber so ad hoc niemand ein. Wünsche haben ja auch immer Vor- und Nachteile. Ich muss auch immer gucken, was die Möglichkeiten unserer Agentur hergeben. Im Jahr 2015 habe ich ein OpenAir in Northeim mit 1.000 Gästen gemacht. Da kam der Vorschlag vom Bürgermeister, man könnte ja jetzt auch Bruce Springsteen nach Northeim holen. Dazu muss man wissen, dass Bruce Springsteen einmal im Jahr mit seiner Tochter auf einem Gestüt nahe Northeim verweilt, er also eh vor Ort wäre. Leider musste ich aber zugeben, das meine Agentur wahrscheinlich auf absehbare Zeit nicht die Größenordnung hat, um einen Künstler wie Bruce Springsteen zu verpflichten. Großartig wäre das schon, aber realistisch gesehen eher unwahrscheinlich.
Was für Wünsche haben sie für die Zukunft?
Das sich die Pandemie weiter beruhigt. Das die Angst der Menschen vor Menschenansammlungen langsam zurück geht. Das die Menschen die bestehenden Angebote sich zu schützen nutzen, um wieder sicher für sich und andere an Konzerten teilnehmen zu können. Wir beobachten, dass der Verkauf noch nicht wieder die Zahlen vor der Pandemie erreicht hat. Das die Menschen vorsichtig bleiben, aber auch wieder den Mut aufbringen Konzertkarten zu kaufen und Konzerte zu besuchen. Es wäre schön, wenn die Branche wieder der Boom Markt wird, der es vor der Pandemie war. Das wäre ein ganz großer Wunsch, nicht nur für mich, sondern für die gesamte Branche.
Ein Beitrag von Nicole Redmann für BS-Live