Im Gespräch mit dem ATB
ATB: Das Geheimnis des Erfolgs
Über knapp 15 Jahre hat Edgar Wernhardt alias „Eddy“ im Rahmen der Geschäftsbesorgungs-Beauftragung der Braunschweig Stadtmarketing GmbH durch den Arbeitsausschuss Tourismus Braunschweig (ATB) die Entwicklung des Vereins ganz wesentlich mitgestaltet. Kürzlich übergab Wernhardt die Arbeit an seinen Nachfolger JanNiklas Bente. Im Interview mit Redakteur Falk-Martin Drescher resümieren Vorstandsvorsitzender Wieslaw Puzia und Edgar Wernhardt die Entwicklung des bisherigen Vereins.
Herr Puzia, Herr Wernhardt – wie würden Sie den bisherigen Weg des ATB resümieren?
Puzia: Im Jahr 2007 wurde der ATB gegründet – zwei Mitbegründer sind sogar heute noch im Vorstand. Wir haben mit 17 Mitgliedern angefangen, heute sind wir knapp 100. Diesen Weg hat Eddy als Leiter der ATB Geschäftsstelle wesentlich mitgestaltet, und das stets mit einem großen Einsatz und vielen Erfahrungen, die er schon aus seinen Zeiten bei dem AAI mitgebracht hatte. Das hat sowohl ihm als auch uns in der Entwicklung des Vereins sehr geholfen. Die gute und verständnisvolle Zusammenarbeit zwischen Braunschweig Stadtmarketing GmbH – die den Auftrag für die Geschäftsbesorgung innehat – und dem ATB, hat sich sehr positiv auf den Weg des Vereines ausgewirkt. Natürlich war man nicht immer einer Meinung, aber, und das macht mich sehr stolz: Wir haben diskutiert, reflektiert, und uns schließlich in der Mitte getroffen. Die Akquise der Mitglieder hat Eddy ganz wesentlich angetrieben. Uns ging es dabei niemals um Masse, sondern Klasse. In Vorgesprächen mit potentiellen Mitgliedern haben wir geschaut, ob eine Mitgliedschaft überhaupt Sinn ergibt, was will der Akteur erreichen und was wünscht er sich. Denn: beide Seiten müssen sich wohlfühlen. Eddy war dabei immer unser Aushängeschild und unsere Kontaktperson. Wir waren im steten Austausch, per Mail, Telefon und natürlich persönlich. Auch regelmäßig bei Kaffee und Brötchen; und auch wenn es manches Mal belächelt wurde – es war wichtig.
Wie hat sich der Tourismus in dieser Zeit entwickelt?
Puzia: Der Tourismus hat über die Jahre Schritt für Schritt zugenommen. Auch an den Wochenenden lassen sich mehr Touristen verzeichnen. Im Jahr 2019 haben wir mit Blick auf die jährlichen Übernachtungen die 700.000er-Marke geknackt, das war für uns als Verein eine große Freude. Ohne die Pandemie wären wir im Jahr 2025 wahrscheinlich bei einer Million jährlichen Übernachtungen.
Was waren aus Ihrer Sicht bis dato wichtige Meilensteine des ATB?
Puzia: Parallel zur Gründung des Vereins haben wir die erste Programmbeilage herausgegeben – die Erste hat rund 35.000 Euro gekostet. Da habe ich mich gefragt: Wie bekommst Du nur das Geld zusammen? Damals hatte der ATB noch keine Mitgliedsbeiträge über 60.000 Euro, sondern eher rund 10.000 Euro. Durch meine Zeit beim AAI kannte ich – vor allem im Kontext der Hansetage – viele Schlüsselfiguren, die sich schließlich an der Beilage beteiligt haben. Das Schöne war: Das Engagement kam dabei nicht nur von den Akteuren des Tourismus. Diese Programmbeilage hat sich über die Jahre zur Fibel des ATB entwickelt. Dieses Projekt steht ganz wesentlich für den Zusammenhalt im Verein. Ferner hat die Programmbeilage dazu beigetragen, dass sich neben dem Geschäftstourismus auch der Städte- und Kulturtourismus deutlich verstärkt hat. So gab es in 2018/2019 erstmals keine klassischen „Sommerlöcher“ in der Belegung – im Juli lag sie bei rund 60 bis 70 Prozent. Und die Zahl der Wochenenden, die ausgebucht waren, wuchs ebenfalls. Sehr stolz ist der ATB auch darauf, dass es uns gelungen ist, die Kulturschaffenden an einen Tisch zu bekommen – und eine gemeinsame Plattform zu etablieren. Damit ist einerseits die „AG Kultur“ gemeint, andererseits der „Kulturstadtplan“, der wirklich toll und gewichtig geworden ist. Den haben „AG Kultur“ und „AG Hotel“ mit Unterstützung von der Braunschweig Stadtmarketing GmbH und dem Kulturinstitut der Stadt Braunschweig entwickelt – herausgegeben wurde er dann vom ATB. Von dieser Arbeit haben auch einige andere Akteure profitiert; ein sehr nachhaltiges Projekt, das übrigens mal wieder eine neue Auflage erfahren könnte. Froh sind wir zudem natürlich auch, dass wir die Realisierung der Lichtparcours-Ausgaben als Unterstützer mit ermöglichen konnten.
Herr Wernhardt, wie würden Sie Ihre Zeit beim ATB – ganz persönlich zusammenfassen?
Wernhardt: Ich bin ausgesprochen froh und dankbar, dass mir diese Aufgabe zugefallen ist. Da hat Herr Leppa das richtige „Händchen“ bewiesen. Letztendlich bin ich VollblutTouristiker – in diesem Zusammenhang habe ich auch in der Stadtmarketing GmbH auf unterschiedlichen Positionen gearbeitet und diese stets mit großer Leidenschaft wahrgenommen. Und beim ATB habe ich von Anfang an gemerkt, dass mein Einsatz auf sehr fruchtbaren Boden fällt. Für mich ist der ATB nicht nur ein Baby, sondern gar ein wichtiger Teil Braunschweigs, zu dem ich ganz viel beigetragen habe. Die Worte des Oberbürgermeisters, die er zu meinem Abschied verfasst hat, haben mich deshalb auch ganz besonders gerührt. Er hat gesagt: Ich habe etwas Nachhaltiges für Braunschweig hinterlassen. Und ich hoffe, er hat Recht. ATB und die Braunschweig Stadtmarketing GmbH haben mit Blick auf die Zusammenarbeit immer einen 1A-Job gemacht – und das gemeinsam. Das war auch die Devise der Zusammenarbeit mit Wieslaw, dem ich dafür auf das Herzlichste danken möchte. Nach der Jubiläumsveranstaltung des Vereins habe ich ein wenig Sorgen gehabt, ob der ATB auch ohne mich auskommt. Doch ich kann beruhigt sagen: Der Verein setzt sich zusammen aus vielen Menschen, die die Philosophie des ATB in sich tragen. Außerdem läuft die Geschäftsbesorgung durch das Braunschweig Stadtmarketing weiter, und ich habe den Eindruck, dass mein Nachfolger Jan-Niklas Bente einen super Job macht und mit dem ATB Vorsitzenden gut zurecht kommt. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass der ATB ein noch erfolgreicherer Verein wird, und noch viel leisten kann, um Braunschweigs Tourismus hier weitergehend zu fördern. Ob diese Vereinsstruktur vielleicht irgendwann in eine Unternehmensform übergeht, damit sie noch professioneller agieren kann? Wer weiß. Wichtig ist, dass der Verbund und der Zusammenhalt der Mitglieder bestehen bleibt. Das ist das Geheimnis des Erfolgs des ATB. Schon immer legte der Verein großen Wert darauf, dass die Mitglieder nicht berieselt werden – sondern die Werte und Themen aktiv leben sowie daran arbeiten.
Herausforderungen und Chancen der Pandemie
Die bisherige Zeit der Corona-Pandemie hat nicht nur Herausforderungen aufgetan, sondern auch neue Chancen und Möglichkeiten. Welche sehen Sie dabei für den ATB?
Wernhardt: Als die Pandemie startete, fürchteten wir ein wenig, dass es einen MitgliederSchwund geben könnte. Allerdings wurden sofort Maßnahmen ergriffen, die den Mitgliedern zugute kamen. Man gab den Mitgliedern die Möglichkeit, den Mitgliedsbeitrag zu stornieren; damit sie nicht finanzielle Probleme bekommen oder gar aussteigen. In diesem Jahr muss man sich überlegen, ob man nicht vielleicht wieder in diese Richtung geht. Oder den Mitgliedsbeitrag zumindest auf Antrag halbiert. Diese Maßnahmen sind ungewöhnlich; aber, dass sie möglich sind, zeigt, wie flexibel unsere Strukturen sind. Auch von den Mitgliedern werden diese Möglichkeiten sehr positiv aufgenommen: Man hat gemerkt, dass wir uns Gedanken machen.
Puzia: Es gab Mitglieder, die haben den Mitgliedsbeitrag in bar entrichtet – einfach, weil es über die jeweilige Firmenzentrale Ewigkeiten gedauert hätte. Das zeigt auf, wie wichtig vielen der Verein ist, und wie gewichtig auch seine Rolle in der allgemeinen Wahrnehmung ist.
Apropos Mitglieder. Fallen Ihnen Mitglieder ein, die besonders unkonventionell mit der Corona-Pandemie umgehen?
Wernhardt: Ich würde da ungern einzelne Akteure in den Vordergrund stellen. Was man in jedem Fall betonen kann, ist die Tatsache, dass etwa einige kulturelle Orte bzw. Institutionen 3Plattformen oder Konzepte an den Start gebracht haben, mit denen sie von ihrem Unterstützerkreis wesentlich mitgetragen werden. Auch gibt es Gastronomen, die sich neue Formate haben einfallen lassen. Da merkt man auch einfach, wie viele Stammgäste bzw. Fans viele Unternehmen haben.
Viele sind Berufsoptimisten. Und diese tauschen sich über den ATB aktiv untereinander aus. Das muss gar nicht zwangsläufig über die Geschäftsstelle laufen – vieles passiert informell und bilateral. Man lässt sich untereinander nicht allein, das ist ein schönes Zeichen für die Vereinsarbeit. Deswegen glaube ich auch, dass der ATB gestärkt aus der Krise gehen wird.
Puzia: Ich habe im Vorstand schon immer betont, wie wichtig der Austausch bzw. die Unterstützung untereinander ist. Auch in der Hotellerie gibt man sich – soweit als möglich – gegenseitig Mut. Die Lage hat sich leider noch nicht so wirklich verbessert, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir versuchen kreativ zu bleiben.
Welche Rolle spielt das ehrenamtliche Engagement für den ATB?
Wernhardt: Das ist ein ganz fester Bestandteil des Lebens des ATB. Wir haben über die Jahre auch einige Maßnahmen ergriffen, um genau dieses Engagement zu intensiveren sowie mit Leben zu füllen. Unter dem Stichwort Engagement fallen mir etwa die ZeitOrte ein: ich glaube kaum eine Institution hat so eng und aktiv mit ZeitOrte zusammengearbeitet. Unseren Mitgliedern haben wir derweil über Tagesfahrten immer wieder die Möglichkeit gegeben, ausgewählte Destinationen in der Region kennenzulernen. Und die Mitglieder waren stets sehr dankbar, dass sie die ZeitOrte kennenlernen dürfen. So waren wir unter anderem in der Motorsport Arena in Oschersleben, die übrigens stolzes ATB-Mitglied sind. Und sich auch freuen, dass sie mit dem Verein und der Stadt Braunschweig so eng zusammenarbeiten können. Mit Blick auf das Thema Engagement sind grundsätzlich auch die Arbeitsgruppen zu benennen, die sich wirklich toll selbst organisieren, Ideen und Projekte auf den Weg bringen und das Vereinsleben so aktiv aus- und mitgestalten.
Von welchen Akteuren wünschen Sie sich in der Zukunft noch mehr Mitwirkung oder Zusammenarbeit?
Puzia: Generell würde ich mir noch mehr Mitglieder aus der Gastronomie wünschen. Insbesondere die Restaurants leben auch von den Gästen in den Hotels, allein deshalb wäre eine engere Verzahnung an der Stelle sinnvoll.
Wernhardt: Ich wünsche dem ATB unter anderem eine intensivere Zusammenarbeit mit dem AAI. Es gibt so viele verbindende Elemente in den Werten, Vorstellungen und Projekten, aus meiner Sicht liegt eine stärkere Verknüpfung auf der Hand. Auch denke ich, dass es gut wäre, wenn der ATB mehr in die Region geht. Natürlich spreche ich davon nicht von jedem gastronomischen Betrieb in der gesamten Region – sondern vor allem von Destinationen in der Region mit überregionalem Wert. Das könnte, meiner Meinung nach, beiden Seiten einen Schub geben. Ich finde, dass dieses Thema in der Zukunft nicht außer Acht gelassen werden sollte. Die Region sollte im nationalen Marketing des ATB mitgenommen werden.
Puzia: Unter dem Stichwort Mitwirkung würde ich noch die ATB-App nennen. Es ist wirklich stark, dass wir diese App haben; aber natürlich muss sie auch stets gepflegt und weiterentwickelt werden. Die App wird gut von den Mitgliedern angenommen, allerdings g i b t e s n a t ü r l i c h i m m e r M ö g l i c h k e i t e n n o c h m e h r z u m a c h e n . Als Kommunikationsinstrument innerhalb des Vereins ist die App jedenfalls wirklich klasse.
Ein Beitrag von Falk-Martin Drescher