hippe sippe - Familienurlaub ganz entspannt
Familienurlaub ganz entspannt
hippe sippe
Kirsten Harms und Julia Saul sind beide aus der Tourismusbranche. Bei der Tätigkeit für einen Familien- Reiseveranstalter und durch ihre Arbeit in der Hotellerie und Tourismusberatung sind sie zu Expertinnen für den Familientourismus geworden. Sie kennen so auch die weniger schönen Seiten eines Urlaubes – Kinder, die sich langweilen, Eltern, die gerne Zeit für sich hätten. Um so einer Erfahrung zuvorzukommen, haben sie eine Plattform entwickelt, die Familien in Urlaubsorten mit anderen Familien und den Attraktionen vor Ort zusammenbringt: die hippe sippe.
Was es damit auf sich hat, erzählt uns Kirsten Harms im Interview.
Wie ist die Idee für die hippe sippe entstanden und was steckt dahinter?
Eine zentrale Frage, die sich Familien stellen, wenn sie in den Urlaub fahren, ist: Sind Kinder im selben Alter vor Ort? Hat mein Kind eigentlich einen Spielkameraden vor Ort? Findet es Anschluss? Kann es schön spielen? Die zweite Frage, die sich Familien oft stellen müssen, gerade wenn wir vom Deutschlandtourismus reden, ist natürlich: Was machen wir denn, wenn das Wetter schlecht ist? Diesen beiden Fragen sind wir nachgegangen. Im Zeitalter der Digitalisierung muss es doch möglich sein, irgendwie einen Weg zu finden, dass Familien den Urlaub einfacher und leichter planen können und, dass sie einfach eine schönere Zeit vor Ort haben.
Wie kann Eure App denn dort Abhilfe schaffen?
Wir wissen, wenn Familien vor Ort sind und die Kinder finden niemanden, dann müssen die Eltern als Spielkameraden herhalten. Das ist oft eine Notlösung, mit der beide Parteien nicht so ganz glücklich sind. Durch unser Angebot sollen einerseits Kinder mit ihresgleichen spielen können und eine schöne Zeit haben und die Eltern auch mal Zeit für sich alleine als Paar haben. Andererseits natürlich, dadurch, dass wir auch Freizeitangebote listen und die Suche danach erleichtern, dass Familien auch zusammen tolle Aktionen machen.
Daher sind bei hippe sippe zwei Angebote für Familien in einer App vereint. Das eine ist, dass wir mit Kommunen zusammenarbeiten, die dann dort ihre Freizeitangebote einpflegen. So können Familien genau sehen, was es in der Umgebung für Freizeitangebote für Familien gibt – vom Marionettentheater über Sportprogramm bis zu Naturerkundungen. Auf der anderen Seite können sich Familien untereinander vernetzen.
Wie funktioniert diese Vernetzung konkret?
Die Familien können sich über einen QR-Code einchecken, wenn sie im Urlaubsort ankommen. Das geht zum Beispiel bei der Kurverwaltung oder in ihrer Unterkunft und werden dann, wenn sie es möchten, Teil der Urlaubscommunity.
Es geht wirklich um die Zeit, die ich mit meiner Familie dort bin, nur dann bin ich Mitglied dieser Community und kann Daten über mich preisgeben. Es reicht aber auch, einen Benutzernamen und das Alter der Kinder einzugeben. Man kann auch, wenn man möchte, Interessen der Kinder angeben. Das muss man aber nicht, denn wir wollen natürlich auch den Datenschutz sehr hoch halten.
Das hat den Effekt, dass ich mit einer "Around Me“-Funktion sehen kann: zwei Straßen weiter ist eine Familie, die haben auch einen siebenjährigen Jungen, der vielleicht auch gerne Fußball spielt. Dann habe ich die Möglichkeit, die Familie per App-internem Chat anzusprechen. So können sich die Familien zusammentun und die Kinder jemanden finden, mit dem sie ihrem Hobby nachgehen können.
Unser Geschäftsmodell ist, dass wir in Kooperation mit Kommunen, Tourismusverbänden oder regionalen Tourismusorganisationen gehen, die das dann für den ganzen Ort umsetzen. Es soll für Familien wirklich einen Mehrwert haben diesen QR-Code zu checken. Wir glauben, dass es im Augenblick natürlich auch ein guter Moment ist, weil wir das alle jetzt aufgrund von Corona alle gut kennen mit dem Einchecken.
Seid Ihr mit den Inhalten der App in Vorleistung gegangen, oder ergibt sich das rein aus der
Ja, wir gehen da in Vorleistung, wollen aber natürlich auch gerne, dass das von den Usern weitergeführt wird, um das aktuell zu halten. So haben auch User die Möglichkeit, ihre besten Tipps weiterzugeben. Das Ganze ist so gedacht, dass es auch für Einheimische attraktiv ist, die darüber sehen können, wo gerade eine Veranstaltung stattfindet. Die können sich darüber dann auch mit einem Urlaubskind verabreden. Das ist natürlich für die Kommunen ein Mehrwert. Es ist wirklich für alle Familien gedacht, egal, ob man zwei Wochen Urlaub, einen Tagesausflug macht oder eben einfach dort wohnt.
Wie hat Euch denn die Braunschweiger Start Up Szene bei der Entwicklung der Idee geholfen?
Wir waren bei borek.digital im Accelerator-Programm. Da ich in Lübeck lebe, war es für mich sehr vorteilhaft, dass alles digital stattfinden konnte. Das ist eine sehr intensive Zeit mit Coachings und Austausch mit anderen Start Ups. Ich finde, man wächst richtig zusammen. Ich fühle mich denen sehr verbunden und man beobachtet gegenseitig, wie man wächst. Es ist eigentlich ganz merkwürdig, dass man sich noch nie persönlich gesehen hat – fast ein wenig befremdlich, aber für mich war es in diesem Fall gut. Ich finde das Programm ist wirklich, wirklich toll - eine sehr wertschätzende Umgebung.
Wir sind dort gestartet, hatten unser Pitch Deck fertig und haben eigentlich gedacht: Ach ja, ist ja super. Wir haben alles. Mal gucken, was wir da noch lernen.
So ging es den anderen auch. Es ist wirklich interessant, wenn man sich im Nachhinein anguckt, wie sehr sich dieses Pitch Deck, sowohl vom Layout, als auch von den Inhalten verändert hat und das zeigt, dass wir dort zusammen wirklich viel gelernt und viel gearbeitet haben. Dafür sind wir sehr dankbar.
Was waren denn so große Meilensteine in der Entwicklung?
Wir haben lange an diesem Geschäftsmodell gefeilt, der digitalen Plattform. Eigentlich funktioniert das ja erst, wenn wirklich viele Menschen sich daran beteiligen. Die Spielkameraden kann ich ja nur finden, wenn da auch andere Familien interagieren. Dafür haben wir sehr, sehr lange für gebraucht und sind jetzt mit dieser Lösung, dass wir mit den Kommunen kooperieren und über diesen QR-Code gehen, sehr glücklich, weil das natürlich heißt, dass wir das auf einen Schlag einführen können.
Wir haben die ersten Gespräche mit Tourismusverbänden gehabt, die sehr interessiert sind. Ab dem Tag, an dem der QR-Code hängt, können sich alle einchecken. Da haben wir sehr lange mit Unterstützung von verschiedenen Coaches dran gefeilt. Die Umsetzung, wie es jetzt ist, war wirklich ein Meilenstein. Jetzt sind wir gerade bei unserem nächsten Meilenstein: wir suchen einen Software-Entwickler. Am liebsten jemand, der mit uns gründet. Wir führen Gesprächen und sind sehr hoffnungsvoll, dass wir da wirklich jemanden finden, der zu uns passt und mit dem wir dann diese Schritte weitergehen können.
Worauf arbeitet Ihr mit der Plattform hin?
Erstmal ist der Plan für nächstes Jahr, dass wir das Ganze in mindestens fünf Kommunen testen. Wir sind in Verhandlungen, um in bereits familienfokussierten Urlaubsgemeinden mit Freizeitangebot einen Testlauf zu starten. Im Nachgang können wir das optimieren und dann im nächsten Schritt, also 2023, die Plattform wirklich deutschlandweit als Angebot ausrollen. Prinzipiell denken wir, dass es ein Angebot ist, welches man durchaus auch in anderen Ländern - zunächst in der Dachregion Deutschland-Österreich-Schweiz - lancieren kann. Sicherlich ist es auch kein Problem, wenn wir die technischen Lösungen soweit haben, es auch in andere Sprachen zu übersetzen und in ganz Europa aufzutreten. Wir kommen aus dem europäischen Familientourismus und daher haben wir auch viele Kontakte in Italien, Frankreich und Griechenland. Da ist die Problematik ja immer die gleiche. Auch italienische oder griechische Familien finden manchmal keine Spielkameraden, das ist ja kein deutsches Problem.
Wie ist das mit der Sicherheit in der App? Müssen sich Nutzer verifizieren, wie das auf anderen Plattformen ist?
Ja, da sind wir noch in der Planung. Wir möchten das Ganze so sicher wie möglich machen. Es geht ja um Familien, auch wenn das natürlich nichts ist, was Kinder alleine nutzen - das nutzen die Erwachsenen. Nichtsdestotrotz sind wir da sehr vorsichtig. Wir überlegen, das in einigen Kommunen an die Kur-Karte zu knüpfen, darüber ist man dann ja verifiziert.
Was fehlt Euch denn noch, um Eure Ziele zu erreichen?
Also zum einen fehlt uns im Augenblick tatsächlich noch der Software Entwickler. Da sind wir froh, wenn sich noch mehr Menschen melden. Dann fehlt uns auch Kapital. Da sind wir schon mit Investoren in den ersten Gesprächen. Es ist zwar nicht so, dass das nicht aussichtsreich ist, aber es ist eben auch noch nicht sicher wie der Markteinstieg gelingt und was an Geld noch nötig ist. Je mehr Marketing wir machen, desto schneller kommen wir da natürlich auch an den Start.
Wir arbeiten beide nebenher in unseren Berufen, wir müssen da auch immer ein bisschen mit unseren Ressourcen haushalten. Zum einen müssen wir Geld verdienen, zum anderen wollen wir auch Zeit in das Projekt stecken.
Habt Ihr Tipps für angehende Gründerinnen und Gründer?
Mein erster Tipp wäre: Darüber reden. Immer wieder, mit jedem den man trifft. Da ist Corona uns ein bisschen reingegrätscht, sonst wären wir sicherlich auf mehr Veranstaltungen gewesen, aber das geht größtenteils auch digital. Und es ist sehr, sehr hilfreich an Programmen teilzunehmen, ob das jetzt ein Hackathon ist oder ein Accelerator-Programm. Alles, was in die Richtung geht: Sich nicht nur auszutauschen sondern sich auch ganz pragmatisch mit "Wie kriege ich es zum Laufen?“ auseinandersetzt. Es ist auch mal gut von anderen Gründern zu hören, wo deren Schwierigkeiten liegen.
Ein Beitrag von Ronja Neumann